Predigt-Blog

Hier schreibt unser Pastor Martin Pusch …

Lukas 8,4-18 - Gut zuhören, Frucht tragen, Licht verbreiten

Bibeltext (BasisBibel)

4 Eine große Volksmenge versammelte sich um Jesus,
und aus allen Orten strömten die Leute zu ihm.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis:
5 »Ein Bauer ging aufs Feld,
um seine Saat auszusäen.
Während er die Körner auswarf,
fiel ein Teil davon auf den Weg.
Die Körner wurden zertreten,
und die Vögel pickten sie auf.
6 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden.
Die Körner gingen auf und vertrockneten schnell wieder,
weil sie keine Feuchtigkeit hatten.
7 Ein weiterer Teil fiel zwischen die Disteln.
Die Disteln gingen mit auf
und erstickten die junge Saat.
8 Aber ein anderer Teil fiel auf guten Boden.
Die Körner gingen auf
und brachten hundertfachen Ertrag.«
Dann rief Jesus noch:
»Wer Ohren zum Hören hat, soll gut zuhören.«

9 Da fragten ihn seine Jünger:
»Was bedeutet dieses Gleichnis?«
10 Er antwortete: »Euch ist es geschenkt,
das Geheimnis vom Reich Gottes zu verstehen.
Aber die anderen Menschen erfahren davon
nur in Gleichnissen.
Denn sie sollen sehen, ohne etwas zu erkennen,
und hören, ohne etwas zu verstehen.

11 Dies ist die Bedeutung des Gleichnisses:
Die Saat ist das Wort Gottes.
12 Was auf den Weg fällt,
steht für die Menschen, die das Wort hören.
Aber dann kommt der Teufel.
Er nimmt es wieder weg aus ihren Herzen,
damit sie nicht glauben und gerettet werden.
13 Ein anderer Teil fällt auf felsigen Boden.
Er steht für die Menschen, die das Wort hören
und gleich mit Freude in sich aufnehmen.
Aber es schlägt keine Wurzeln.
Eine Zeit lang glauben sie.
Doch sobald sie auf die Probe gestellt werden,
wenden sie sich wieder ab.
14 Noch ein anderer Teil fällt zwischen die Disteln.
Er steht für die Menschen, die das Wort zunächst hören.
Doch dann gehen sie fort.
Sie ersticken in Sorgen, in Reichtum und den Freuden,
die das Leben bietet.
Daher bringen sie keinen Ertrag.
15 Aber ein Teil fällt auch auf guten Boden.
Er steht für die Menschen, die das Wort
mit offenem und bereitwilligem Herzen hören.
Sie bewahren es und halten durch –
und so bringen sie viel Ertrag.«

16 Weiter sagte Jesus:
»Niemand zündet eine Öllampe an
und deckt sie mit einem Gefäß zu
oder stellt sie unter ein Bett.
Vielmehr stellt man sie auf einen Ständer.
So können alle, die hereinkommen, das Licht sehen.
17 Es gibt nichts Verborgenes,
das nicht zutage kommen wird.
Und es gibt nichts Geheimes,
das nicht bekannt wird und ans Licht kommt.
18 Achtet darauf, dass ihr gut zuhört.
Denn wer etwas hat, dem wird noch mehr gegeben.
Wer nichts hat, dem wird auch das noch weggenommen,
was er meint zu haben.«

Predigt

Vielen von Euch wird dieser Text nicht neu sein. Dieses Gleichnis vom Sämann findet sich nicht nur bei Lukas, sondern auch bei Matthäus und Markus. Deshalb werden diese drei Evangelisten auch “die Synoptiker” genannt. Sie haben eine vergleichbare Perspektive, einen vergleichbaren Blickwinkel auf Jesus. Um wirklich vergleichen zu können, gebe ich Euch einen Tipp: die Seite bibleserver.com bietet eine synoptische Darstellung an. Hier werden die drei Texte in Spalten nebeneinander angezeigt.

Text der ersten drei Evangelien in drei Spalten nebeneinander

Ich persönlich habe schon oft Predigten und Andachten zu diesem Gleichnis Jesu gehört. Das Ergebnis war in der Regel ein Appell an die Hörer: Pass auf, dass Du nicht der Weg bist, oder der felsige Boden. Pass auf, dass in Deinem Leben keine Dornen und Disteln hochkommen. Gib Dir Mühe, dass Du der gute Boden bist! Dann wirst Du viel Frucht bringen. Jesus wird mit Dir zufrieden sein.

Ja, es steckt Wahrheit in diesem Ergebnis drin: Gib Dir Mühe, dass Du ein guter Acker für Gottes Wort bist. Aber es gibt auch ein Problem: Wie viel Mühe muss sich ein felsiger Boden geben, bis er endlich zu einem guten Acker geworden ist? Am Ende ist es doch nicht der Boden, der entscheidet, wie er sein will. Ein guter Ackerboden wird ja gerade dadurch brauchbar, dass jemand hergeht und diesen Boden vorbereitet. Jemand hat schon die großen Steine entfernt. Jemand hat den Boden umgepflügt und vorbereitet. Dann erst kommt der Moment der Aussaat. Man kann dieses Gleichnis also als Appell verstehen, dass wir uns mehr Mühe geben. Aber haben wir damit wirklich gut zugehört? Jesus fordert seine Hörer auf, gut zuzuhören.

Die Jünger von Jesus haben versucht, gut zuzuhören (Vers 9f). Trotzdem waren sie sich nicht sicher, was das Gleichnis bedeutet. Tatsächlich nimmt Jesus ihnen das nicht übel. Ein wahrer Jünger von Jesus muss nicht alles wissen. Als Jüngerin oder als Jünger von Jesus sollen wir aber Fragen stellen, weil wir lernen wollen. Das ist bis heute so. Wir bekommen den Geist Jesu, wenn wir an Jesus glauben. Dieser Heilige Geist bewirkt nicht, dass wir automatisch alles wissen. Statt dessen lässt der Heilige Geist in uns Fragen aufkommen. Dann leitet uns der Heilige Geist bei der Suche nach einer Antwort. So lernen wir genau das, was wir persönlich für unser Leben brauchen. Der Geist Jesu hilft uns also, gut zuzuhören und zu lernen.

Etwas zu lernen ist ein Prozess. Wir haben erst dann etwas gelernt, wenn sich unser Verhalten ändert. Das ist es, was Jesus seinen Jüngern erklärt. Man kann etwas sehen, ohne es zu erkennen. Man kann etwas hören, ohne es zu verstehen. Aus diesem Grund nutzt Jesus Gleichnisse. Nun klingt der Vers 10 zunächst recht negativ, wenn Jesus sagt:

… sie sollen sehen, ohne etwas zu erkennen, und hören, ohne etwas zu verstehen.

Doch wer ein Gleichnis hört, der kann es sich merken, auch wenn er es nicht versteht. Ein Gleichnis ist ein Bild. Wenn wir ein Gleichnis hören, dann stellen wir uns dabei etwas vor. Wir haben einen Mann vor Augen, der in seinem Garten etwas aussät. Vielleicht stellen wir uns auch ein Feld vor, mit einem Weg daneben. Wir behalten dieses Bild im Kopf, auch wenn wir nicht verstanden haben, was Jesus eigentlich sagen will. Das bedeutet aber auch: Wir können ein Gleichnis auch später noch verstehen. Wir können über ein Bild nachdenken. Vielleicht brauchen wir auch einen Tipp. Auch mit Verspätung kann uns noch ein Licht aufgehen. Denn das Bild bleibt im Kopf.

Nun erklärt Jesus seinen Jünger, was das Gleichnis bedeutet. Ich sagte schon, dass wir diese Erklärung von Jesus vielleicht schon recht gut kennen. Mir jedenfalls geht es so. Ich persönlich brauchte einen neuen Blick auf diesen Text. Ich brauchte eine neue Frage, um dann etwas Neues lernen zu können. Und während ich so nachdachte, fiel mir etwas auf.

Das Bild, welches ich bei diesem Gleichnis vor Augen habe, ist ein Bild ohne viel Bewegung. Ich habe den Weg vor Augen. Ich denke an den felsigen Boden. Ich stelle mir ein Dornengestrüpp vor. Dann denke ich an einen frisch gepflügten Acker. Ich habe gemerkt: Es sind die Substantive in diesem Text, die für mich das Bild prägen. Vielleicht sollte ich mich mal mehr mit den Verben beschäftigen. Ich nehme Euch also mit auf eine Entdeckungsreise.

Jede der vier Situationen hat das Wort hören (ἀκούω – akuo – hören; zuhören; anhören.) Hier ist erst einmal nur die sinnliche Wahrnehmung gemeint. Ob das Gehörte für mich auch tatsächlich etwas verändert, steht auf einem anderen Blatt. Ein Beispiel: Ich höre die Wohnungstür. Dadurch verstehe ich: meine Frau ist von ihrer Arbeit zurück.

In der ersten Situation, dem Saatgut auf dem Weg, bleibt es beim reinen Hören. Das Bild des Weges deutet an, dass diese Menschen viel hören. Sie sind offen für vieles. Sie können nicht über alles nachdenken, was sie hören. So passiert Folgendes: Jemand kommt (ἔρχομαι – erchomai – kommen; gehen; eintreten) und nimmt weg (αἴρω – airo – wegnehmen; aufheben; aufnehmen). Wenn wir lesen: “… dann kommt der Teufel” denken wir schnell: bei mir doch nicht! Doch wir hören heute sehr viel, durch Radio und Fernsehen, durch Videos und Podcasts - selbst von den christlichen Inhalten gibt es so viel, dass wir nicht über alles nachdenken und davon lernen können. Wir hören es. Ein paar Tage später können wir uns nicht mehr daran erinnern. Es ist wie weggeblasen.

Es gibt einfache Gegenmittel. Höre nicht so viel, sondern wähle aus. Suche Dir Formate, die Qualität bieten. Höre auf Personen, die Dir einen Horizont öffnen. Mach Dir Notizen, am besten handschriftlich. Blättere zurück und erinnere Dich an das, was Dir wichtig wurde.

In der zweiten Situation, dem Saatgut auf dem Fels, stehen zwei Verben: hören und aufnehmen (δέχομαι – dechomai – aufnehmen; annehmen; empfangen). Leider entsteht Begeisterung ohne wirklichen Tiefgang. Wenn der Glaube auf die Probe gestellt wird, fallen diese Menschen wieder ab (ἀφίστημι – aphistemi – abstehen; weichen; abfallen). Es gibt viele Faktoren, die dazu führen, dass jemand keine tiefen Wurzeln entwickelt. Oft hat dies mit falschen Erwartungen zu tun. Das Evangelium von Jesus Christus löst eben nicht automatisch all Deine Probleme. Was für Erwartungen wecken wir, wenn wir untereinander von unserem Leben mit Jesus reden? Geben wir Einblick in das, was uns herausfordert? Oder bleiben wir nur an der Oberfläche? Wenn unsere Gespräche über den Glauben an Jesus Christus Tiefgang haben, tragen wir mit dazu bei, dass Menschen Wurzeln entwickeln.

In der dritten Situation, dem Saatgut unter den Dornen und Disteln, spielen viele Verben eine Rolle. Menschen hören, aber dann gehen sie fort (πορεύομαι – poreuomai – gehen; hingehen; reisen). Der Glaube an Jesus Christus wird zu einem Thema unter vielen. Das Leben bietet so viele Möglichkeiten - da bleibt kaum Platz für den Glauben. Das Wort Gottes wird erstickt (συμπνίγω – sympnigo – ersticken; umdrängen). Bei einem solchen Menschen kommt der Glaube nicht zur Reife (τελεσφορέω – telesphoreo – zur Reife bringen). So jemand sagt dann im persönlichen Gespräch: Ja, früher war ich auch aktiver in Sachen des Glaubens. Heute habe ich viel zu wenig Zeit und Kraft. Wie sieht es bei Dir aus: Reift Dein Glaube? Oder altert er nur?

Die letzte Situation ist die des Saatguts auf einem guten Bodens. Diese Menschen hören nicht nur, sie sind dabei offen und bereitwillig. Das Herz steht für die zentralen Werte, die wir haben - bei diesen Menschen verändert Gottes Wort diese zentralen Werte. Diese Menschen bewahren, was sie hören (κατέχω – katecho – festhalten; besitzen; zurückhalten). Sie tragen Frucht (καρποφορέω – karpophoreo – Frucht bringen; Frucht hervorbringen; Frucht tragen).

Was bedeutet es nun, Ertrag zu bringen? Meint dies, dass andere Menschen durch uns zum Glauben kommen? Nun, dieser Gedanke ist nicht ganz ohne Tücken. Denn alles, was wir tun, bewirkt ja Gott durch uns. Wenn die Saat des Wortes Gottes nicht in unser Leben gefallen wäre, könnten wir auch keine Frucht bringen. Wenn wir in dem Bild bleiben, welches Jesus benutzt, dann ist klar: Wir sind der Boden, und als solcher mehr oder weniger gut vorbereitet und geeignet. Die Saat ist das Wort Gottes. Jesus erklärt hier nicht, wer der Bauer oder der Sämann ist. Das Gleichnis mit den unterschiedlichen Böden bietet auch keinen Ansatz, wie sich ein Mensch verändern könnte. Der Weg kann nicht zum guten Acker werden, jedenfalls nicht in diesem Gleichnis. Zentral ist die Beobachtung, dass Gottes Wort von Menschen unterschiedlich aufgenommen wird. Das ist es, was Jesus uns mit diesem Gleichnis zeigen will.

Das Gleichnis zeigt uns aber auch, dass wir eine Möglichkeit zur Steuerung haben. Es geht um unser Herz, also um den Ort unserer zentralen Werte. Wie wir am Beispiel des guten Bodens sehen, können wir mit offenem und bereitwilligem Herzen auf Gottes Wort hören. Jedoch können wir uns auch zentralen Werten öffnen, die uns nicht gut tun. Wir können anfangen, uns Sorgen zu machen. Wir können in materiellen Werten Sicherheit suchen. Wir können Spaß und Abwechslung zum Maßstab in unserem Leben machen. Wir können auch einfach generell für alles offen sein, weil wir uns nicht festlegen wollen. Wenn wir uns unser Herz wie eine Schatztruhe vorstellen, dann haben wir den Schlüssel zu dieser Truhe. Ich erinnere an letzten Sonntag, wo genau diese Schatztruhe unseres Herzens vorkam. Jesus gebraucht diesen Vergleich in Lukas 6,45. Was für Schätze sammeln wir? Das ist die entscheidende Frage.

Nun bleibt immer noch offen, was für einen Ertrag wir eigentlich bringen können? Um dies zu erklären, wechselt Jesus zu einem anderen Vergleich. Mit unserem Ertrag verhält es sich so wie mit dem Licht einer Lampe. Licht ist sichtbar. Und Licht macht Dinge sichtbar. Wenn etwas ans Licht kommt, dann ist es nicht mehr geheim.

Wenn Gottes Wort unsere zentralen Werte bestimmen darf, wird unser Leben zu einem Licht. Das ist der Ertrag, den unser Leben bringt. Wir selbst werden sichtbar, denn Licht ist sichtbar. Wir fallen auf, weil unsere zentralen Werte von Gott bestimmt werden. All die vielen großen und kleinen Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen, werden ja von unseren Werten bestimmt. Wir entscheiden, wo wir mitmachen und wo nicht. Wir entscheiden, was wir kaufen und was nicht. Wir entscheiden, was wir lesen, sehen oder hören wollen und was nicht. Das kann andere zum Nachdenken bringen, wenn sie unsere Entscheidungen mitbekommen. Plötzlich müssen sich andere rechtfertigen für das, was sie tun oder lesen, sehen und hören. Denn wir zeigen mit unserem Leben, dass es eine Alternative gibt. Unser Licht fällt in das Leben von anderen Menschen. Eigentlich ist es ja Gottes Licht, denn wir lassen unsere zentralen Werte von Gott bestimmen. Unser direktes Umfeld bekommt dies unweigerlich mit. Das ist der Ertrag, den unser Leben bringen kann.

Es ist entscheidend, dass wir auf Gottes Wort hören. Manchmal wird dies so dargestellt, als wenn man nur einmal im Leben auf Gott hören müsste. Dann sagt man “ja” zu Gott, und wird ein Kind Gottes. Ab diesem Zeitpunkt ist man gerettet. Dies ist eine recht egoistische Weise, mit Gottes Wort umzugehen. Gott will ja nicht nur Dich retten. Gott will alle Menschen retten. Gott sät sein Wort aus, damit es Frucht trägt.

Der Schlüssel zu dieser Frucht ist, dass wir gut zuhören. Alles, was wir über gutes Zuhören wissen, sollten wir auch anwenden. Wir machen uns Notizen, schreiben das Erkannte mit eigenen Worten auf, diskutieren miteinander und vertiefen unser Verständnis. Wir sind Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten von Gottes Wort. Wir wollen gemeinsam lernen. Als Gemeinde sind wir Lernende. Wenn wir hier unseren Schwerpunkt setzen, dann kommen wir auch weiter. Dann wird uns noch mehr gegeben werden.

Was hast Du in Deiner Schatztruhe? Was bestimmt Deine Werte? Können andere Menschen Licht in Deinem Leben sehen?

Achtet darauf, dass Ihr gut zuhört.


Martin Pusch – Predigt gehalten am 2. Februar 2025.