Kolosser 2,1–7 - Die konkrete Aufgabe des Apostels
Bibeltext (BasisBibel)
1 Ich möchte allerdings, dass ihr wisst, wie sehr ich
mich für euch einsetze. Ich kämpfe gleichermaßen für euch wie für die
Leute in Laodizea. Und genauso kämpfe ich für alle anderen, die mich
nicht persönlich kennengelernt haben. 2 Es geht mir darum,
ihnen im Herzen Mut zu machen. Dann können sie in Liebe zusammenhalten
und in allem zu umfassender Einsicht gelangen. Denn sie sollen das
Geheimnis Gottes erkennen: Christus. 3 In ihm sind alle
Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. 4 Das sage
ich, damit euch niemand durch seine Überredungskünste täuschen kann.
5 Denn auch wenn ich körperlich abwesend bin, so bin ich
doch im Geist bei euch. Ich sehe mit Freude, dass euer Leben gut
geordnet und euer Glaube an Christus unerschütterlich ist.
6 Ihr habt Christus Jesus, den Herrn, angenommen. Richtet
also euer Leben an ihm aus! 7 Bleibt in ihm verwurzelt und
gründet euch als Gemeinde ganz auf ihn. Werdet fest im Glauben, wie ihr
gelehrt worden seid. Und hört nicht auf, Gott zu danken.
Predigt
Im ersten Kapitel des Briefes hat Paulus mehr allgemein über seinen Dienst für Jesus Christus geschrieben. Nun, im zweiten Kapitel, wird Paulus konkreter. Paulus setzt sich ein für die Gemeinden in Kolossä und in Laodizäa.
Kolossä und Laodizäa waren Nachbarorte, wobei Laodizäa die bedeutendere Stadt war. Die Kolosser sollten ihren Brief des Paulus auch den Christen von Laodizäa zu Lesen geben. Im Gegenzug sollten die Kolosser auch den Brief lesen, den Paulus an die Gemeinde in Laodizäa geschrieben hatte (Kapitel 4,16). Diesen letzteren Brief kennen wir heute jedoch nicht mehr.
Es kann leicht passieren, dass in einer Gemeinde die Menschen nur nach innen sehen. Sie sehen dann nur das, was innerhalb ihrer Gemeinde geschieht. So könnten die Kolosser nicht mitbekommen, dass Paulus sich für sie einsetzt. Schließlich hat Paulus diese Gemeinde weder gegründet noch jemals besucht.
Die Kolosser könnten sich zurückgesetzt fühlen, weil ihre Gemeinde nicht durch einen der Apostel gegründet wurde. Hier stellt Paulus klar: Die Gemeinde in Kolossä ist ihm genauso wichtig wie jede andere Gemeinde auch. Paulus setzt sich für alle Gemeinden ein, nicht nur für die, die er selbst gegründet oder besucht hat. Das stellt Paulus hier klar.
Paulus schreibt: Ich kämpfe für euch (Vers 1). Genauso kämpfe ich für alle anderen. Die Kolosser sollen sich nicht zurückgesetzt fühlen, weil sie das mutlos machen würde. Mit seinem persönlichen Einsatz möchte Paulus die Gemeinde auf Jesus Christus hinweisen. Gleichzeitig möchte Paulus Bedenken zuvorkommen. Schließlich könnte die Gemeinde in Kolossä denken, sie müsste erst eine Art Alleinstellungsmerkmal entwickeln, um wirklich anerkannt zu sein.
Paulus will den Kolossern Mut machen. Sie sind eine vollwertige Gemeinde. Denn die Kolosser sind mit Christus verbunden. Gemeinsam als Gemeinde können sie Gottes Geheimnis erkennen: Christus. In Christus sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen.
Im Grunde bedeutet dies: Als Gemeinde müssen wir mit Jesus Christus auf dem Weg sein. Nur in dieser Verbindung zu Christus werden wir entdecken, was für uns dran ist.
Noch etwas: Jedes einzelne Mitglied unserer Gemeinde ist ja bereits mit Jesus Christus verbunden. Aber das heißt nicht automatisch, dass wir auch als Gemeinde mit Christus verbunden sind. Denn in einer Gemeinde bilden sich Traditionen heraus. Es gibt scheinbare Zwänge: Das haben wir früher schon mal probiert, und es hat nicht funktioniert. Oder: Das kostet zu viel. Oder: Das haben wir immer so gemacht.
Bloß, weil eine Gemeinde aus Christusnachfolgern besteht, zapft diese Gemeinde nicht wie von selbst alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis an. Das findet erst dann statt, wenn sich Menschen miteinander verbinden zu einer Dienst- und Lerngemeinschaft. Solange Gemeinde vor allem daraus besteht, Veranstaltungen zu planen und umzusetzen, werden wir Christus damit kaum näher kommen. Dieser Tiefgang stellt sich erst dort ein, wo Menschen sich wirklich aufeinander einlassen und einander Anteil geben. Dieses Miteinander sollte auch ein Ziel beinhalten, um sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Das ist es, was ich mit dem Begriff “Dienst- und Lerngemeinschaft” meinte.
Christus, als das Haupt der Gemeinde, hat den Anfang gemacht. Christus hat das Geheimnis Gottes verkörpert, indem er seine Position aufgab und in diese Welt kam. Damit dient Christus uns. Den Anspruch, unser Herr zu sein, den erhebt Christus dadurch, dass er uns dient (Matthäus 20,25-28). Viele andere, die vorgeben, uns zu dienen, tun dies auf unsere Kosten. Aber Christus dient uns wirklich. Und die Gemeinde, als der Leib von Christus, folgt Christus auf diesem Weg. Durch die Gemeinde als Sammlung von vielen Einzelnen nimmt Christus Gestalt an und wird für die Menschen sichtbar. Vollkommenheit entsteht durch die Verbundenheit mit Christus, glaubwürdig in den Alltag übersetzt durch das Miteinander in der Gemeinde. So wird Gottes Geheimnis enthüllt.
Im Zentrum unseres Lernens steht dieses Geheimnis Gottes, Christus. Dieses Geheimnis können wir nur entdecken, wenn wir uns selbst aufgeben und uns auf Christus einlassen. Solange wir an bestimmten Vorstellungen festhalten, und versuchen, Christus in unseren Rahmen einzupassen, bleibt uns das Geheimnis verborgen.
Jesus selbst zeigt uns sein Geheimnis sehr offen, z.B. im Johannes-Evangelium:
23Da sagte Jesus zu ihnen: »Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird der Menschensohn in seiner Herrlichkeit sichtbar.24Amen, amen, das sage ich euch: Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.25Wem sein Leben über alles geht, der verliert es. Aber wer sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.26Wer mir dient, muss mir auf meinem Weg folgen. Denn wo ich bin, wird auch mein Diener sein. Wer mir dient, wird beim Vater Anerkennung finden.« (Johannes 12,23-26)
Wir betonen oft, dass Jesus Christus für uns gestorben ist. Aber wir übersehen, dass wir unser eigenes Leben ebenfalls gering achten sollen. Jesus sagt deutlich: “Wer mir dient, muss mir auf meinem Weg folgen.” Wir drehen diese Aufforderung dann so hin, dass wir unser Leben von Jesus positiv verändern lassen wollen. Doch das Geheimnis eines Lebens mit Jesus steht und fällt damit, dass wir unsere eigenen Ziele zugunsten von Jesus zurückstellen.
Genau dafür steht übrigens die Taufe. Wir selbst sind begraben mit Christus, und werden mit Christus auferstehen. Mit der Taufe sagen wir: Ich will nicht mehr mein eigenes Leben leben, sondern ich will mich an Christus binden. In Vers 12 stellt Paulus diesen Zusammenhang mit der Taufe her.
In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Der Schlüssel zu diesem Schatz liegt darin, das eigene Leben gering zu achten, und voll und ganz Christus nachzufolgen.
Übrigens sind in der Gemeinde erstaunlich viele Menschen bereit, etwas zu tun. Sie wollen es aber anders machen als es bisher getan wurde. Und dann wird es schwierig. Habt Ihr Euch mal bewusst gemacht, wie viele Erwartungen es in der Gemeinde gibt, die aber nie offen ausgesprochen werden? Es gibt übrigens die Erwartung, dass am Sonntagmorgen ein Gottesdienst stattfindet. Trägst Du durch Mitarbeit und Finanzen dazu bei, dass dies möglich wird? Von Christus lernen wir, anderen zu dienen. Wer nur die Dienste anderer in Anspruch nimmt, folgt nicht dem Beispiel von Jesus Christus.
Paulus weist auf Christus hin, weil er die Gefahr sieht, dass wir uns von Christus abwenden lassen. Den Gedanken aus Vers 4 wird Paulus später noch weiter entwickeln: Es besteht die Gefahr, dass wir uns täuschen lassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir verstehen: Christus will uns umgestalten in sein Bild (2. Korinther 3,17-18). Die Wesensmerkmale von Jesus Christus sollen immer mehr zu unseren eigenen Merkmalen werden. Darum geht es.
Von den Kolossern weiß Paulus, dass sie ihre Gemeinde gut geordnet haben. Der Glaube an Jesus Christus steht hier im Mittelpunkt. Vielleicht denken wir, dass dies doch selbstverständlich ist. Doch Paulus hat in anderen Gemeinden persönlich für Ordnung sorgen müssen. Zu den Kolossern kann Paulus nicht kommen, da er in Gefangenschaft ist. Deshalb freut Paulus sich darüber, dass diese Gemeinde von einer guten geistigen Ordnung getragen ist. Der Glaube der Kolosser an Christus ist unerschütterlich! Falsche Lehren haben sich in dieser Gemeinde nicht festsetzen können.
Paulus erinnert die Kolosser an ihre Anfangszeit im Glauben. Sie haben Jesus Christus, den Herrn, angenommen. Nun sollen Christen in Kolossä auch ihr ganzes Leben an Christus ausrichten! Später wird Paulus noch mehr zu diesem Thema schreiben (ab Kapitel 3,1). Es geht darum, dass der Glaube dem Leben eine festen Halt gibt. Die Gemeinde soll auf das aufbauen, was sie von Epaphras gelernt hat. Dabei sollen die Kolosser nicht aufhören, Gott zu danken.
Was unsere Dankbarkeit betrifft, so haben wir sicher noch viel zu lernen. Ich persönlich bin so aufgewachsen, dass Verwandte oft nur per Post zu erreichen waren. Bekam ich also Geschenke, musste ich Briefe schreiben, um mich zu bedanken. Das führte dann bei mir zu dem Denken: Gut, nun habe ich mich bedankt, dann ist ja jetzt alles erledigt. Aber dieses Denken kann ich nicht auf Gott übertragen. Denn wir bekommen wirklich alles, was wir zum Leben brauchen, von Gott. Selbst die Fähigkeit, unseren Dank auszusprechen, haben wir von Gott bekommen. Am Ende hat unser Dank auch die Funktion, Gott unser Vertrauen auszudrücken. Selbst für die Zukunft will ich Gott vertrauen. Ich möchte alles aus Gottes Hand nehmen.
Paulus lobt die Gemeinde in Kolossä. Diese Gemeinde steht fest im Glauben an Jesus Christus. Diese Stabilität ist immer dann in Gefahr, wenn wir sie als selbstverständlich sehen. Unsere Verbindung zu Christus muss immer neu und aktuell sein. Paulus wird im weiteren Text noch auf die Gefahr eingehen, sich von Christus zu entfernen.
Es gibt so viele Themen, die uns von Christus ablenken können. Doch Gott hat beschlossen, uns in Christus zu begegnen:
19Denn so hatte es Gott beschlossen: Mit seiner ganzen Fülle wollte er in ihm (Christus) gegenwärtig sein.20Und er wollte, dass alles durch ihn Versöhnung erfährt. In ihm sollte alles zum Ziel kommen. Denn er hat Frieden gestiftet durch das Blut, das er am Kreuz vergossen hat. Ja, durch ihn wurde alles versöhnt – auf der Erde wie im Himmel. (Kolosser 1,19-20)
Gottes ganze Fülle ist in Christus. Aber diese Fülle entdecken wir nur, wenn wir uns mit allen Bereichen unseres Lebens auf Christus einlassen.
Martin Pusch – Predigt gehalten am 9. November 2025.