Predigt-Blog

Hier schreibt unser Pastor Martin Pusch …

Kolosser 1,9–12 – In der Fürbitte miteinander verbunden

Bibeltext (BasisBibel)

9 Deshalb beten wir unablässig für euch – seit dem Tag, an dem wir davon erfahren haben. Wir bitten Gott, dass er euch die vollständige Erkenntnis seines Willens schenkt. Das geschieht durch alle Weisheit und Einsicht, wie der Heilige Geist sie gibt. 10 Ihr sollt euer Leben so führen, dass es dem Herrn Ehre macht: Versucht ihm zu gefallen mit allem, was ihr tut. Alles Gute, das ihr vollbringt, soll Früchte tragen. Und die Erkenntnis Gottes soll bei euch zunehmen. 11 Gott wird euch dazu mit aller nötigen Kraft ausrüsten, wie es seiner Macht und Herrlichkeit entspricht. Dann könnt ihr alles standhaft und geduldig ertragen. 12 Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Erbe der Heiligen, die im Licht leben.

Predigt

Letzten Sonntag haben wir mit dem Brief an die Kolosser angefangen. Paulus hat diesen Brief geschrieben, zusammen mit Timotheus. Epaphras, ein Mitarbeiter des Paulus, hatte in Kolossä gewirkt. Die Christen in Kolossä haben von Epaphras das Evangelium gehört. Sie haben das Evangelium erkannt und angenommen. Die Christen haben von Epaphras gelernt. Die Gemeinde in Kolossä hat ihre Liebe entwickelt und damit ihre Berufung entdeckt. Paulus und Timotheus sind dankbar für diese Entwicklung. Sie danken Gott für die Gemeinde in Kolossä.

Paulus und Timotheus schicken nicht nur Dankgebete zu Gott für die Christen in Kolossä. Die beiden Autoren dieses Briefes haben auch konkrete Anliegen, mit welchen sie für die Christen in Kolossä beten. Weil Paulus und Timotheus für andere beten, sprechen wir hier von Fürbitte. Die beiden beten nicht für sich selbst. Sie beten für andere. Schon Jesus Christus hat für seine Jünger gebetet. Der Gedanke, für andere zu beten, ist also von Anfang an Teil der Bewegung rund um Jesus Christus.

Nachdem Paulus und Timotheus Gott für die Gemeinde in Kolossä gedankt haben, beten sie für diese Gemeinde. Das ist eine feste Reihenfolge, die wir so auch in anderen Briefen des Paulus finden. Dank und Fürbitte bilden die Verbindung zwischen Paulus und Timotheus auf der einen Seite, und den Christen in Kolossä auf der anderen Seite. Dabei sind das Dankgebet und die Fürbitte aufeinander bezogen. Themen, die wir schon im Dankgebet lesen, tauchen in der Fürbitte ebenfalls auf.

“Wir beten unablässig für euch”, lesen wir. Sind wir eigentlich im Gebet mit anderen Christen verbunden? Paulus und Timotheus beten nicht einfach nur pauschal um Gottes Segen für alle Christen dieser Welt. Ihr Gebet ist konkret und zielgerichtet. Die beiden fühlen sich in die Situation ein. Entsprechend formulieren sie ihr Gebet für die Gemeinde in Kolossä.

Das Gebet für die Gemeinde in Kolossä beginnt mit dem Tag, an dem Paulus und Timotheus von dieser Gemeinde erfahren haben. Von diesem Tag an stehen die Kolosser sozusagen auf der Gebetsliste. “Wir beten” und “wir bitten” – diese Doppelung in Vers 9 unterstreicht die Intensität des Gebets.

Das erste Anliegen im Gebet ist, dass die Christen in Kolossä Gottes Willen vollständig erkennen. Es geht nicht einfach nur um die richtige Erkenntnis. Das Ziel ist, aus dieser Erkenntnis heraus so zu leben, dass dieses Leben dem Herrn Ehre macht. Wie sich das Leben der Christen in Kolossä entwickeln soll, wird in vier Bereichen dargestellt:

  1. Gute Werke sollen Frucht tragen,
  2. die Erkenntnis Gottes soll zunehmen (Vers 10).
  3. Gottes Macht soll zu Geduld und Standhaftigkeit führen (Vers 11).
  4. Dabei geht es um eine dankbare Grundhaltung, die alles von Gott erwartet (Vers 12).

Die einzelnen Punkte sind nicht klar voneinander abgegrenzt, sondern sie gehen ineinander über. Dabei fällt auf, wie oft das Wort “alle” vorkommt. Paulus und Timotheus wollen herausstellen, dass die Kolosser ganz und gar von Gottes Geist erleuchtet, durchdrungen und verwandelt werden sollen. Diese Verwandlung ist uneingeschränkt und betrifft alle Lebensbereiche. So stehen Paulus und Timotheus im Gebet für die Christen in Kolossä ein.

Hinter dem Reden von der Erkenntnis Gottes steckt die tiefe Einsicht, dass Erkenntnis immer ein Geschenk ist. Erkenntnis ist für uns nicht verfügbar, insbesondere, wenn es sich darum handelt, Gottes Willen zu erkennen. Etwas später in diesem Brief werden wir lesen, dass der Wille Gottes ein Geheimnis ist. Wenn Gott will, dann offenbart er seinen Willen (Kapitel 1,26-27). Erkenntnis ist das Werk des Heiligen Geistes. Gott schenkt Erkenntnis, weil Gott uns gnädig ist. Gottes Willen zu erkennen ist für uns die Grundlage, um unser Leben dann auch nach Gottes Willen auszurichten.

Um Gottes Willen erkennen zu können, brauchen wir Weisheit und Einsicht. Weisheit und Einsicht sind zwei unterschiedliche Bausteine der Erkenntnis. Mit Weisheit ist eine Gabe Gottes gemeint, die nichts mit menschlicher Weisheit zu tun hat. Die Weisheit Gottes wird durch den Heiligen Geist gegeben und wohnt in uns. Einsicht hingegen meint die Möglichkeit zur Unterscheidung. Wir brauchen beides von Gott, Weisheit und Einsicht, um falsche Lehren abwehren zu können. Um den Umgang mit falscher Lehre geht es etwas später in diesem Brief (Kapitel 2,8). Im Moment steht der Wunsch im Vordergrund, in der Erkenntnis Gottes zuzunehmen, um dann das Richtige zu tun.

Deshalb kommt Vers 10 auf unser Leben zu sprechen. Hier finden wir zwei Blickrichtungen. Wir sehen auf unseren Herrn mit der Frage, ob ihm unser Leben gefällt. Und wir sehen auf unser Lebensumfeld, um dort Gutes zu tun.

Wir sollen unser Leben so führen, dass es unserem Herrn Ehre macht. Überprüfe doch einmal Deinen Alltag auf diese Frage hin: Macht das, was ich jetzt gerade tue, unserem Herrn Ehre? Im Nachdenken über Gottes Ehre kommen wir zu neuen Fragen: Wie kann ich mehr mit meinen Nachbarn in Kontakt kommen? Wie kann ich mich für meinen Stadtteil einsetzen? Wie kann ich den Segen, den ich von Gott erfahre, anderen Menschen weitergeben? Gottes Ehre soll ausstrahlen in unser tägliches Leben.

Schlüsselwort ist das schon angesprochene Wort “alles”. Wir sollen dem Herrn gefallen mit allem, was wir tun. Es geht hier also nicht um besondere Aktionen. Statt dessen ist die grundsätzliche Ausrichtung unseres Lebens gemeint. Alles, was wir tun, gefällt unserem Herrn. All dieses Gute, was wir vollbringen, trägt Frucht.

Im Alten Testament ist ein Opfer dann von Gott angenommen, wenn es Gott gefällt. Dabei kommt es sowohl auf die Art des Opfers als auch auf die Haltung des Opfernden an. Beides zusammen soll Gott gefallen. Dieser Zusammenhang bleibt auch heute gültig. Aber statt dass wir Gott einzelne Opfer bringen gehört ihm alles, nämlich unser ganzes Leben. Alles, was wir tun, soll unserem Herrn gefallen. Aus unserer Glaubensbeziehung zu unserem Herrn heraus gestalten wir unser ganzes Leben.

Wir wünschen uns ja oft, dass sich das Evangelium ausbreiten möge in unserem Umfeld. Doch die Wurzel hierfür liegt in unserem persönlichen Leben. In unserem Leben schlägt Gottes Geist Wurzeln durch Weisheit und Einsicht. Aus unserem Leben heraus wächst die Frucht. So nimmt die Erkenntnis Gottes in unserem Umfeld zu. Als Glaubende sind wir wie Bäume an Wasserbächen – eine Erinnerung an Psalm 1, den wir am Donnerstag im Bibelpunkt besprochen haben. Unser Leben vergeht eben nicht wie Spreu im Wind, weil Gott unserem Leben Gewicht gibt. Wir tragen Frucht.

Im Vers 11 finden wir wieder eine doppelte Aussage: Gott wird uns mit aller nötigen Kraft stärken. Unsere Kraft kommt von Gott, und es ist tatsächlich auch Gottes Kraft. Gottes Kraft wird nicht zu unserer Kraft, sondern wir bleiben schwach und abhängig von Gott. Deshalb finden wir hier diese merkwürdige Kombination, dass wir alles standhaft und geduldig ertragen. Es geht hier um unsere Ausdauer, um Beständigkeit und um Durchhaltevermögen. Sieht so Gottes Kraft aus? Ja! Denn hier geht es um Wachstum und um Frucht. Gottes Kraft erobert sich diese Welt zurück. Unser persönliches Leben wird Teil der Bewegung des Evangeliums.

Deshalb kommen wir in Vers 12 zum Dank für das Evangelium. Unser persönliches Leben und unser Leben als Gemeinde ist Teil einer Dynamik, die von Gott ausgeht. Gottes Wort bewirkt Veränderung. Diese Veränderung fängt bei uns persönlich an. Gott bezieht uns in sein Evangelium mit ein. Wir haben Anteil am Evangelium. Gott macht uns dazu fähig. Wenn sich also unser Leben ändert, dann deshalb, weil Gott hier am Werk ist. Die Luther-Übersetzung schreibt im nächsten Vers, dem Vers 13: “Der Vater hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes.” Wir sind versetzt worden – für Schüler ist das doch eine gute Nachricht. Wir wollen ja lernen, im Licht zu leben. Aber es sind nicht wir selbst, die wir uns sozusagen diesen neuen Status erarbeiten müssen. Sondern Gott nimmt uns und versetzt uns in sein Reich. Unser neuer Zustand ist eine Gabe Gottes.

Gott macht uns fähig dazu, Anteil am Erbe der Heiligen zu haben. Im Alten Testament sehen wir, dass jede israelitische Familie Anteil am Erbbesitz hatte. Nach Gottes Gesetz konnte dieser Anteil nicht verloren gehen. Selbst Faulheit und Misswirtschaft konnten nicht dauerhaft dazu führen, dass eine Familie ihr Land verlor. Nach einer Reihe von Jahren bekam eine Familie ihren Anteil am Erbbesitz wieder zurück. Gott garantierte diesen Anteil. Im übertragenen Sinne finden wir diese Vorstellung von einem Erbbesitz im Kolosserbrief wieder. Wir haben Anteil am Erbe der Heiligen. Gott garantiert uns diesen Anteil. Wir werden nicht leer ausgehen.

Beachtet auch, dass der letzte Satz in der Vergangenheit formuliert ist. Der Vater hat uns fähig gemacht, Anteil zu haben am Erbe der Heiligen, die im Licht leben. Das ist keine Zukunftsmusik. Gott hat alles bereits getan. Wir leben jetzt schon in dieser Zukunft. Das Licht steht für Gottes Welt. In Gottes Welt ist alles durch und durch echt. Mit dieser Welt Gottes sind wir verbunden. Unser persönliches Leben, unsere Gemeinde ist Teil von Gottes Heiligkeit.

Paulus und Timotheus beten für die Gemeinde in Kolossä. Wir beten füreinander. Wir sind miteinander verbunden, weil Gott sich mit uns verbunden hat. Deshalb kann unsere Fürbitte auch uns unbekannte Menschen mit einschließen, weil Gott sie kennt. Wir sind nicht darauf beschränkt, Gottes Reich nur von unserem Standpunkt aus zu sehen. Gottes Horizont ist viel größer und reicher, vielseitiger. Deshalb danken wir Gott, und wir freuen uns. Unser Leben darf Gott ehren.


Martin Pusch – Predigt gehalten am 28. September 2025.