Predigt-Blog

Hier schreibt unser Pastor Martin Pusch …

Kolosser 1,24–29 - Der Dienst des Paulus für die Kolosser

Bibeltext (BasisBibel)

24 Jetzt freue ich mich in all dem Leid, das ich für euch zu ertragen habe. Ich erdulde am eigenen Körper das Maß an Leid, das wir für Christus auf uns nehmen müssen. Und das kommt seinem Leib zugute, das heißt: der Gemeinde. 25 In ihrem Dienst stehe ich. Denn Gott hat mir den Auftrag gegeben, sein Wort unter euch überall zu verbreiten. 26 Dabei handelt es sich um das Geheimnis, das seit ewigen Zeiten und Menschengedenken verborgen war. Aber jetzt wollte Gott es seinen Heiligen enthüllen. 27 Ihnen wollte Gott zeigen, welch unermessliche Herrlichkeit dieses Geheimnis für die Menschen der anderen Völker enthält. Es ist die Gegenwart von Christus bei euch, der selbst die Hoffnung auf Herrlichkeit ist. 28 Er ist es, den wir verkünden. Dabei ermahnen wir jeden Menschen und unterrichten jeden in aller Weisheit. Denn durch die Verbundenheit mit Christus soll jeder Mensch als Vollkommener vor Gott treten können. 29 Dafür mühe ich mich ab. Und dafür kämpfe ich mit aller Kraft, die er mir in seiner Macht schenkt.

Predigt

Paulus und Timotheus schreiben diesen Brief gemeinsam (siehe Vers 1). Doch nun kommen wir zu einem Abschnitt, der klar von Paulus selbst diktiert wurde. Das erkennen wir am “ich”. Paulus spricht hier von sich selbst.

Dabei bleibt alles gültig, was bisher bereits gesagt wurde: Christus ist vor allem da, und in Christus hat alles Bestand (Vers 17). Alles, was Paulus jetzt sagt, muss zeitlich und von Rang her hinter Christus eingeordnet werden. Nur so verstehen wir Paulus richtig. Schließlich ist Paulus von der Wichtigkeit seines Dienstes überzeugt. Aber es bleibt ein Dienst, also ein Auftrag. Gott selbst ist der Auftraggeber.

Wenden wir uns dem Vers 24 zu. Die Übersetzung der Basisbibel, welche ich hier verwende, möchte gut lesbar sein und richtet sich besonders an Menschen, die sich zum ersten Mal mit der Bibel auseinandersetzen. Für mehr Tiefgang brauchen wir also eine Übersetzung, welche dichter am ursprünglichen Text bleibt. Ich selbst lese gerne die Übersetzung nach Martin Luther, weil ich mir hier den Wortlaut am leichtesten einprägen kann.

Wir lesen in Vers 24: “Jetzt freue ich mich in all dem Leid, das ich für euch zu ertragen habe.” Hier ist kein passives Ertragen von Schmerzen und Einschränkungen gemeint. An anderer Stelle beschreibt Paulus einen Sportler, der auf viele Dinge verzichtet, weil er die bestmögliche Leistung bringen will (vergleiche 1. Korinther 9,24-27). In seinen Briefen ist Paulus hier ganz offen: Paulus will nur von Christus abhängig sein. Deshalb versorgt Paulus sich selbst, indem er als Zeltmacher arbeitet (2. Korinther 12,14; 1. Thessalonicher 2,9; 2. Thessalonicher 3,8). Deshalb hat Paulus auch nicht geheiratet, denn er will ungeteilt für Gott da sein (1. Korinther 7,32-35). Ein Teil des Leides, an welches Paulus hier denkt, besteht also in selbstgewählten Einschränkungen. Paulus schränkt sich selbst ein, weil sein Leben Gott gehört. So kann Paulus für sich Leid in Freude verwandeln, und ist damit zufrieden.

Darüber hinaus sieht Paulus seinen Auftrag, Gottes Wort überall zu verbreiten (Vers 25). “Überall” bedeutet für Paulus: Im ganzen Römischen Reich. Auf seinen Reisen hat Paulus vieles erlitten, vom Schiffbruch über Räuber bis hin zu Hunger und Durst (2. Korinther 11,23-33). Trotzdem blieb Paulus seinem Auftrag treu. Dabei ging es Paulus nicht nur darum, möglichst viele Orte zu besuchen. Paulus achtete auch darauf, Gottes Wort in seiner ganzen Fülle weiterzugeben. Offensichtlich reduzierte Paulus die Gute Nachricht von der Gnade Gottes nicht auf wenige Schlagworte. In den nachfolgenden Versen skizziert Paulus seine Gedanken zur Fülle von Gottes Wort.

Doch bleiben wir noch einen Moment bei dem Leid, welches Paulus ertragen musste. Eigentlich hätte Paulus vielem Leid aus dem Weg gehen können, wenn er etwas mehr an sich selbst gedacht hätte. Vielleicht können wir auch ein anderes Wort für Leid finden: Für Christus schränkt sich Paulus ein. Paulus engagiert sich für Christus.

Nun verstehen wir uns als eine Gemeinde von Menschen, die an Jesus Christus glauben. Wir legen Wert darauf, dass jeder Einzelne von uns Jesus Christus als seinen persönlichen Herrn und Heiland angenommen hat. Das wollen wir als ein persönliches Zeugnis hören, bevor jemand Mitglied unserer Gemeinde werden kann.

Aber wie können wir nun unser Leben für Jesus Christus einsetzen? Für Paulus ist klar: Ich setze mich für die Gemeinde von Jesus Christus ein, denn die Gemeinde ist der Leib von Jesus Christus. Wer also etwas für Jesus Christus tun will, sollte nach etwas Ausschau halten, was der Gemeinde zugute kommt. Die Gemeinde ist der Leib von Jesus Christus. Jesus Christus ist der Kopf, das Haupt der Gemeinde. Unsere Gemeinde hier ist also mehr als nur eine Interessengemeinschaft. Als Gemeinde verkörpern wir Jesus Christus hier in Regensburg.

In Vers 24 steckt noch ein schwieriger Gedanke, den die Basisbibel etwas eingeebnet hat. In der Basisbibel lesen wir: “Ich erdulde am eigenen Körper das Maß an Leid, das wir für Christus auf uns nehmen müssen. Und das kommt seinem Leib zugute, das heißt: der Gemeinde.” Luther übersetzt diesen Satz so: “Ich erfülle durch mein Fleisch, was an den Leiden Christi noch fehlt, für seinen Leib, das ist die Gemeinde.” Tatsächlich entspricht die Luther-Übersetzung hier genauer dem griechischen Text. Was meint Paulus hier?

Jesus Christus hat Leid auf sich genommen. Christus hat die Herrlichkeit beim Vater verlassen, um als Mensch auf diese Erde zu kommen. Jesus ist als Mensch geboren und aufgewachsen. Später sehen wir, wie Jesus Mitleid mit anderen Menschen hat und ihnen zur Hilfe kommt. Jesus sammelt Schülerinnen und Schüler um sich, und gibt ihnen praktischen Unterricht. Dann wird Jesus am Kreuz qualvoll hingerichtet. Es sieht wie das Ende aus, doch in Wirklichkeit erreicht Gott hier sein Ziel:

19 … so hatte es Gott beschlossen: Mit seiner ganzen Fülle wollte er in ihm gegenwärtig sein. 20 Und er wollte, dass alles durch ihn Versöhnung erfährt. In ihm sollte alles zum Ziel kommen. Denn er hat Frieden gestiftet durch das Blut, das er am Kreuz vergossen hat. Ja, durch ihn wurde alles versöhnt – auf der Erde wie im Himmel. (Kolosser 1,19-20)

Der Weg von Jesus Christus ging durch das Leid, und führte zur Auferstehung. Paulus schildert, dass Christus der Erste ist, der diesen Weg gegangen ist:

18 … er (Christus) ist das Haupt des Leibes – der Gemeinde. Er ist der Anfang: der erste der Toten, der neu geboren wurde. In jeder Hinsicht sollte er der Erste sein. (Kolosser 1,18)

Nun reden und singen wir gerne von Jesus Christus. Wir loben ihn und betonen sein wunderbares Werk für uns. Wir loben seine Größe, Herrlichkeit und Macht. Jesus Christus ist alles für uns.

Aber erinnert Ihr Euch noch daran, was das hebräische Wort für “Haupt” ist? “Rosch” steht für das Haupt, aber auch für den Anfang und das Erste. Das Bild ist klar: wenn ein Kind geboren wird, kommt es normalerweise mit dem Kopf zuerst. Da, wo der Kopf hindurch passt, wird der Leib auch folgen. Das Haupt ist der Anfang und der Erste, lesen wir in Vers 18.

Doch was soll das Haupt ohne den Leib? Was soll der Anfang ohne die Fortsetzung? Was macht der Erste ohne die Zweiten und Dritten? Paulus ordnet seinen persönlichen Einsatz hier hinten ein, nämlich als Einsatz für die Gemeinde. Alles, was Paulus sagt, muss zeitlich und von Rang her hinter Christus, dem Haupt, eingeordnet werden. Jesus Christus hat gelitten, als der Erste. Nun folgt ihm sein Leib, die Gemeinde, auf diesem Weg nach. In diesem Zusammenhang sieht Paulus seinen Dienst. Indem Paulus mit vollen Einsatz der Gemeinde dient, fügt Paulus sein persönliches Leid dem Leid von Christus hinzu. Paulus sagt: Ohne meinen Einsatz würde dem Leid von Christus etwas fehlen. Dabei ist für Paulus völlig klar, dass er seine Kraft von Christus bezieht (siehe Vers 29).

Als Jesus am Ende vom Matthäus-Evangelium seine Jüngerinnen und Jünger aussendet, ist der Sprachgebrauch ganz ähnlich. Jesus ist der Erste, denn ihm ist alle Gewalt gegeben, im Himmel und auf der Erde. Dann sagt Jesus:

Geht nun hin zu allen Völkern und ladet die Menschen ein, meine Jünger und Jüngerinnen zu werden. (Matthäus 28,18-20)

Letztendlich ist dies der Auftrag, dem Paulus nachkommt. Die Gute Nachricht muss zu den Menschen gebracht werden. Die Gemeinde von Jesus Christus ist von ihrem Wesen her einladend. Wir geben dem Evangelium von Jesus Christus die konkrete Gestalt. “Wir sind eine international bunte Gemeinde, die gemeinsam im Glauben wachsen möchte, um Jesus ähnlicher zu werden.” So haben wir es für uns als Gemeinde formuliert.

Paulus sieht seinen Auftrag darin, Gottes Wort überall zu verbreiten. Dieses Wort Gottes ist ein Geheimnis, welches bisher verborgen war. Was ist das Geheimnis, und warum war es bisher nicht zu sehen?

Nun, die Herrlichkeit und der Reichtum von Gottes Geheimnis bestehen darin, dass die Gute Nachricht allen Menschen gilt. Jesus Christus hat den Anfang gemacht. Durch sein Leben und Leiden hat Christus dieses Geheimnis enthüllt. Jetzt ist es die Gemeinde von Jesus Christus, die durch Länder, Kontinente, Generationen und Kulturen unterwegs ist zu den Menschen. Die Gemeinde, die Kirche, ist selbst Teil dieses Geheimnisses, solange sie sich als Leib von Jesus Christus versteht. Christus ist das Haupt, der Anfang, der Erste. Durch die Gemeinde als Sammlung von vielen Einzelnen nimmt Christus Gestalt an und wird für die Menschen sichtbar. Vollkommenheit entsteht durch die Verbundenheit mit Christus, glaubwürdig in den Alltag übersetzt durch das Miteinander in der Gemeinde. So wird Gottes Geheimnis enthüllt.

Paulus wechselt nun von “ich” zum “wir”. Das tut Paulus nicht ohne Grund, schließlich sieht er sich als Teil der Gemeinde. Paulus ist nicht allein unterwegs. Wir verkündigen Christus, sagt Paulus in Vers 28. Diese Verkündigung wird auf die Menschen zugeschnitten. Das Ziel ist, alle Menschen auch wirklich zu erreichen. Jeder soll die Gelegenheit erhalten, sich mit Jesus Christus zu verbinden. Die Gemeinde wird damit zu dem Ort, an dem jeder in aller Weisheit unterrichtet wird. Vorbild ist Jesus Christus, der Lehre und gemeinsames Leben miteinander verbunden hat. Dahinter steht ein Verständnis von Gemeinde, die mehr ist als nur der Gottesdienst am Sonntag.

Wir verkündigen Christus - das Ziel ist, jeden Menschen vor Gott stellen zu können. Dieses “vor Gott treten” kennen wir aus dem Alten Testament, wenn ein Priester seinen Dienst vor Gott antritt. Der Priester heiligt sich für seinen Dienst, und der Dienst heiligt den Priester. So verbindet die Gemeinde Menschen mit Christus. Menschen werden vollkommen durch den Dienst für Christus.

Damit hat Paulus dargestellt, wofür er sich müht. Gottes Wort soll überall verbreitet werden. Jeder Mensch soll vor Gott treten können, geheiligt durch die Verbindung mit Jesus Christus. Für diese Aufgabe setzt Paulus seine ganze Kraft ein. Christus, dem alle Macht gegeben ist, hat Paulus diese Kraft geschenkt.

Jesus Christus möchte sich mit allen Menschen verbinden. Menschen sind sehr unterschiedlich. Wir brauchen die Vielfalt der ganzen Gemeinde, damit jeder Mensch versteht, wie er vor Gott treten kann. In der Bandbreite von Lehre und gemeinsamem Leben steckt eine Fülle von Gelegenheiten, dem Leib von Christus zu dienen. Dieser Dienst ist es, der Dich vor Christus stehen lässt. So kannst Du Dich hinter Christus einordnen, der das Haupt ist, der Erste und der Anfang. Sein Leiden war nicht umsonst, wenn Du ihm nachfolgst.


Martin Pusch – Predigt gehalten am 2. November 2025.